Vor ein paar Tagen fragte mich ein Freund, was wohl der nächste große Trend, ‚the next big thing‘ sein würde, nachdem der Themenkomplex rund um Smartphones, Tablets, Responsive Design und Mobile First weitestgehend durchdiskutiert ist. Die Antwort hat heute vielleicht heise.de geliefert: es geht um die Vernetzung der Welt. Und damit ist nicht das Internet der Dinge gemeint (auch kein neuers Thema mehr), sondern um global die Teilhabe der Entwicklungs- und Schwellenländer am Informationszeitalter.
Projekte wir das 25 $ Smartphone der Mozilla Foundation oder die Versuche von Canonical mit den Ubuntu-Smartphones machen für die Märkte in der ersten Welt wenig Sinn. Aber die Projekte mit hämischen Kommentaren zu überziehen, so wie es in Apple Fan-Blogs passiert (Firefox auf dem Niveau des iPhone 2007), wird dem Potential nicht gerecht, das in diesen Low Cost-Geräten schlummert. Wie sehr wir in Europa und den USA die Entwicklung rund um Mobile mit einem Tunnelblick betrachten, wurde auch in dem Bericht zum Anteil der Schwellenländer zum Erfolg von Android deutlich, den ich vor zwei Wochen kommentiert hatte.
Wie verbreitet diese Idee ist, die zweite und dritte Welt vollständig ins Netz zu integrieren, zeigen auch die Äußerungen des Motorola CEO, Smartphones für 50 US$ anbieten zu wollen oder die Aussage von Marc Zuckerberg auf dem MWC in Barcelona, wo er für seine Initiative Internet.org warb. Auch die Android-Geräte von Nokia, die in Barcelona vorgestellt wurden und um 100 $ kosten sollen, fallen sicher noch in die Gruppe der Low Cost Devices. Wenn Facebook, Nokia / Mircrosoft, Motorola, Mozilla und andere an diesen Produkten arbeiten und öffentlich darüber reden, darf man davon ausgehen, dass auch andere Unternehmen an dem Thema dran sind. Schließlich kann man Neuland besetzen und mit ein paar Milliarden neuen Kunden die Umsätze steigern, während in den bestehenden Märkten die Marktanteile nur noch schwer gegen die etablierte Konkurrenz zu steigern sind. Fragt mal Yahoo zu dem Thema.
Ob die Landbevölkerung in Indien oder die Arbeitslosen in den Favelas in Brasilien nun auf Facebook gewartet haben, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht nutzen sie die Sozialen Netzwerke auch in ganz anderer Weise als wir hier, man muss nur an den Arabischen Frühling denken. Sicher ist auf jeden Fall, das es neben bezahlbaren Endgeräten auch ein Mobilfunknetz (mit kontinuierlich wachsenden Kapazitäten) und eine stabile Stromversorgung geben muss. So lange in einzelnen Ländern im Durchschnitt nur acht Stunden am Tag Strom vorhanden ist, wie z. B. in Parkistan, werden die Pläne von Zuckerberg und Co. vorerst nur wenig Erfolg haben können.
Und vielleicht finanziert die Melinda & Bill Gates Stiftung neben dem (extrem wichtigen!) Kampf gegen Malaria die Entwicklung einer Alphabetisierungs-App, die auf allen Systemen läuft und auch offline funktioniert. Denn wie jemand, der nicht lesen kann, ein Smartphone verwenden soll, selbst wenn 25 US$ hat, um sich eines zu kaufen, ist mir noch nicht klar …
Ich will hier aber, trotz der Herausforderungen, die Idee nicht schlecht reden. Ein bezahlbares Smartphone (oder Tablet) kann, was Bildung, Arbeits- und Einkommensmöglichkeiten angeht, eine enorme Wachstumsdynamik in den armen Regionen der Welt entfachen, wenn die Milliarden, die im Internet verdient werden, zu einem kleinen Teil auch in diese Richtung investiert werden. Und genau das scheint in diesem Moment zu passieren, wie die Beispiele oben zeigen. Und wenn die großen Internet-Konzerne Märkte schaffen wollen und dabei Stromversorgung und Bildung in unterentwickelte Regionen bringen, wäre das nicht das schlechteste, was die Digitale Revolution gebracht hat.